Interview mit Kati von liv interior

Über Design, Plastik und kulturelle Aneignung – Kurzinterview mit Kati Gellert von liv interior

Beschreibt liv interior in einem Satz.

Kati: liv interior ist eine deutsch-dänische Brand, die nachhaltige Heimtextilien für ein hyggeliges Zuhause designt.

Kati Gellert von liv interior

Worauf seid ihr besonders stolz?

Kati: Auf unsere Produkte aus recycelten Materialien, weil wir damit einen zirkulären Umgang mit Material schaffen, der unserem Umweltproblem entgegenwirkt. Wir stellen ein neues Produkt ressourcenschonend her, ohne dafür neues Material oder neue Farbstoffe einsetzen und produzieren zu müssen. Darüber hinaus können wir durch das Einsparen der Materialkosten die Produkte zu einem geringeren Preis anbieten, sodass sich auch Menschen mit geringem Einkommen ein neues nachhaltig designtes Produkt leisten können.

Was würdet ihr ändern, wenn ihr die Macht dazu hättet?

Kati: Wir würden gerne die Macht haben, dafür zu sorgen, dass weniger Plastik benutzt wird. Leider müssen wir unsere Produkte noch in so viel Plastik verpacken, da sie in Indien hergestellt werden und dort auf dem Transportweg unter anderem in der Monsunzeit extremen Wetterbedingungen ausgesetzt sind. Bisher haben wir leider keine zufriedenstellende Alternative gefunden. Wir hätten also gerne die Macht, ein Alternativprodukt zu entwickeln oder in der Erdöl Lobby etwas zu verändern, da diese vermutlich die Verantwortung für das Problem trägt.

Ihr vereint modernes Design mit traditioneller Handwerkskunst: Wo liegen dabei die Herausforderungen?

Kati: Die Herausforderung liegt oftmals in der Kommunikation mit den Kund:innen über die Produkte. Da sie in Handarbeit gefertigt werden, ist jedes Produkt ein Unikat und kann immer mal in Farbe und Form abweichen. Wir schätzen, dass jedes Stück etwas Individuelles hat, doch wenn es nicht wie auf dem Foto aussieht, wird es manchmal als fehlerhaft angesehen. Wir lieben das „Unperfekte” am Handwerk, doch in der kommerziellen Designwelt wird es oft nicht so gern gesehen.

Wie geht ihr mit dem Thema kulturelle Aneignung um?

Kati: Das ist gar keine leichte Frage, es ist immer wieder ein Abwägen. Uns fällt selbst auf, dass alles schnell nach einer Ausrede klingen kann. Eine Ausrede dafür, dass uns bestimmte Designs so berühren, dass wir sie mit der Welt teilen wollen. Wir sind natürlich auch von der Mode beeinflusst. Uns ist klar, dass wir selbst noch entscheiden können, was wir mit einfließen lassen und was nicht, aber durch die Flut an Inspiration, die wir erhalten, kann man die Sensibilität dafür leicht verlieren.

Wir fragen uns: Wo fängt kulturelle Aneignung an und wo hört sie auf? Uns ist wichtig, dass man sehr genau hinschaut, wenn man sich einer Kultur bedient: Ist das, wovon man sich gerade inspirieren lässt, etwas Alltägliches oder etwas Spirituelles, sogar Heiliges? Wir nehmen gerne Inspirationen von Alltagsgegenständen in unsere Kollektionen auf, weil sie uns alle miteinander verbinden und wir hoffen, dass es zu mehr Freude für alle beitragen kann.

In unserer globalisierten Welt kann man kulturelle Aneignung leider kaum ganz ausschließen. Durch unser multikulturelles Team bei liv interior verschwimmen die Grenzen der Kulturen auch schnell mal. Tina und Asad haben die Firma gegründet. Tina ist Dänin und Asad ist Pakistaner. Das weitere Team besteht aus einer Französin, einem Perser, einer Belgierin und einer deutschen Person. Erlaubt die Herkunft von Personen das Aneignen derer kulturellen Prägung in der Inspiration? Kulturelle Aneignung entsteht durch das Kommerzialisieren kultureller Einflüsse, deshalb muss man sie sich immer wieder bewusst machen und hinterfragen.

„Bei neuen Mustern schauen wir immer erstmal nach: Wo kommt es her und was bedeutet das?” Wir würden am liebsten die kulturell geprägten Designs nur dort produzieren lassen, wo sie ihren Ursprung haben. Mit einigen Produkten schaffen wir das auch. Zum Beispiel lassen wir unsere Schals in den Bergdörfern des Himalayas von der Wolle und den Menschen vor Ort produzieren, damit sie weiterhin vom traditionellen Handwerk in ihrer Region leben können. Wir unterstützen diese Region damit und trotzdem kommerzialisieren wir natürlich ihre Kultur.

Durch die Produktnamen weisen wir fast immer auf die Kulturkreise hin, aus denen die Inspiration stammt. Wir wünschen uns, dass die Menschen sich von der Schönheit der Welt inspirieren lassen und auch, dass wir die Menschen durch unsere Produkte zu mehr Weltoffenheit inspirieren können. Wir hoffen, dass uns das durch das offene Kommunizieren der Inspirationsherkunft gelingt?

Insgesamt kann man wohl sagen: Wir wissen manchmal nicht genau, wo wir die Linie ziehen sollen. Wir finden manche Dinge so schön, dass wir sie gern mit der Welt teilen wollen, sind uns aber nicht immer sicher, ob unser Umgang eine optimale Lösung ist. Natürlich machen wir uns weiterhin Gedanken dazu, gerade weil das Thema kulturelle Aneignung in den letzten Jahren so wichtig wurde. Denn mit unseren Designs wollen wir Freude verbreiten und niemanden verletzen.